Das Syrische wird nur selten an deutschen Hochschulen unterrichtet. An der Evangelisch-Theologischen Fakulät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gibt es jedoch die Möglichkeit, in diese Sprache einzutauchen, die Zugang zu einer reichen Literatur- und Gedankenwelt eröffnet und deren Erlernen sich daher (nicht nur) für Theolog*innen lohnt. Es besteht außerdem die Möglichkeit, eine Prüfung abzulegen und ein entsprechendes Sprachzeugnis zu erwerben.
Syrisch (genauer: Klassisch-Syrisch oder Mittelsyrisch) gehört zur östlichen Gruppe der aramäischen Sprache. Syrisch ist die Sprache der Christen des vorder- und mittelasiatischen Raums und erlebte eine erste Blütezeit ab dem 2. Jahrhundert n. Chr. Ab dem 7. Jahrhundert n. Chr. wird das Syrische zunehmend als lebendige Sprache durch das Arabische verdrängt. Als Gelehrtensprache und als Sprache der Liturgie der Kirche des Ostens ist es jedoch bis heute in Gebrauch.
Das Syrische ist eine Fortentwicklung des Reichsaramäischen der Achämenidenzeit, das ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. zur Lingua Franca des vorderasiatischen Raumes wurde. Nach dem Untergang des Achämenidenreiches (331 v. Chr.) blieb das Aramäische die internationale Verkehrssprache des vorderasiatischen Raumes. Nach der Zeitenwende entwickelten einzelne Religionen eigene Ausprägungen des Aramäischen: z.B. Juden → Jüdisch-Babylonisch, Mandäer → Klassisch-Mandäisch, Christen → Klassisch-Syrisch. Jeder dieser Dialekte bildete sowohl in der Sprache als auch in der Schrift eigene Entwicklungen aus.
In Folge der christologischen Kontroversen ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. entwickelten sich auch entlang theologischer Grenzen die zwei Hauptzweige des West- (Jakobitisch) und Ostsyrischen (Nestorianisch). Diese unterscheiden sich in einigen Buchstabenformen, in der Phonologie und in geringerem Maße auch in Grammatik und Vokabular.
Das syrische Alphabet ist eine direkte Fortentwicklung der aramäischen Alphabet-Tradition. Im Unterschied zu vorherigen Entwicklungsstufen unterscheidet das Syrische jedoch für die meisten Buchstaben eine Initial-, Medial- und Finalform. Zudem hat das Syrische, das aufgrund seiner Wurzeln natürlich eine reine Konsonantenschrift ist, Vokalzeichen entwickelt, und zwar unterschiedliche im West- und Ostsyrischen. Die westsyrischen Vokalzeichen sind den griechischen Buchstaben entlehnt, was bereits darauf hindeutet, dass diese Dialektvariante insgesamt starke griechische Einflüsse aufweist.
Auch nachklassisch gab es noch sprachliche Entwicklungen im Syrischen und bis heute wird von einigen hunderttausend Menschen weltweit eine nachklassische Form des Syrischen gesprochen, was jedoch mit dem Klassisch-Syrischen des 1. Jahrtausends n. Chr. nur bedingt zusammengebracht werden kann. Die Schrift blieb dabei stabil. Zudem ist das Syrische in seiner klassischen Form bis heute Liturgiesprache verschiedener christlicher Konfessionen wie etwa der Syrisch-Orthodoxen Kirche, der Syrisch-Katholischen Kirche oder der Kirche des Ostens.
Auch wenn die Auswahl an Lehrbüchern, Grammatiken und Wörterbüchern für das Syrische weitaus geringer ist als für viele andere antike Sprachen, so ist sie doch zu Beginn schwer zu überschauen, weswegen hier eine kleine Auswahl geeigneter Literatur gegeben wird.
Lehrbücher/Grammatiken:
- Coakley, J. F.: Robinson’s Paradigms and Exercises in Syriac Grammar, Oxford 2013 (6th Edition).
- Younansardaroud, Helen: Lehrbuch Klassisch-Syrisch (Semitica et Semitohamitica Berolinensia 15), Düren 2019.
Wörterbücher:
- Payne Smith, Jessie: A Compendious Syriac Dictionary. Founded upon the Thesaurus Syriacus of R. Payne Smith, Oxford 1903.
- Sokoloff, Michael: A Syriac lexicon. A Translation from the Latin, Correction, Expansion, and Update of C. Brockelmann’s Lexicon Syriacum, Winona Lake, Indiana / Piscataway, New Jersey 2009.
Bereits seit Herbst 2021 gibt es an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität die regelmäßige Veranstaltung „Syrisch für Kirchenhistoriker:innen“.
Seit dem WS 2023/2024 ist (unter dem gleichen Titel) ein regelmäßig stattfindender Syrisch-Kurs etabliert worden, der in zwei Semestern Schrift, Grammatik und Vokabular des Syrischen soweit einübt, dass am Ende eine anerkannte Sprachprüfung im Altsyrischen abgelegt werden kann, die von externen Prüfern durchgeführt und mit einem entsprechenden Zertifikat abgschlossen wird.
Sinnvolle Voraussetzung des Besuchs sind philologische Vorkenntnisse, z.B. im Hebräischen (oder einer anderen semitischen Sprache) und/oder Griechischen.
Lehrveranstaltung im WiSe 2024/25: „Syrisch für Kirchenhistoriker:innen I“ immer dienstags, 16-18 Uhr in Raum 01-416 im Theologicum, Wallstr. 7. Beginn: 22. Oktober 2024. Anmeldung über Jogustine oder per Mail.